In Medemblik die Belastungsgrenzen erlebt, die oberste Messlatte seglerischer Leistungsfähigkeit vorgeführt bekommen und sehr wichtige und wertvolle Erfahrungen gesammelt – so könnte das Fazit formuliert werden.
(Medemblik, 21./25.05.2008 (Text u. Bilder: fb))
Die Delta Lloyd-Regatta (früher „SPA-Regatta) vor Medemblik (Ijsselmeer, Holland) ist in Europa eines der vier ISAF Grade 1 Events aller olympischen Segelklassen, vergleichbar mit Weltcup-Veranstaltungen im Wintersport. Hier treffen sich die Weltbesten (ohne Altersbegrenzung).
Für Philipp Buhl vom Alpsee bedeutete Medemblik ein Beschnuppern und sich Vergleichen mit dem obersten Teil der absoluten Messlatte , ein Einsammeln neuer Eindrücke, Erfahrungen und Anregungen.
118 Athleten aus 44 Nationen traten in der Laser-Klasse gegeneinander an. Von den Topseglern fehlten nur einzelne, wie beispielsweise der Engländer Paul Goodison und Neuseeländer Andrew Murdoch. Die anderen verpassten sich hier und vielleicht noch teils bei der Kieler Woche den Feinschliff zu die olympischen Spiele im August in Qingdao.
Der erste Tag endete für Buhl nach drei Wettfahrten in zwei Qualifizierungs-Fleets ( 59 pro Gruppe) sehr zufriedenstellend: Ränge 10, 30 und 9.
Der zweite Tag sollte dagegen mit einem herben Dämpfer beginnen. Unter Black Flag ließ sich Buhl von einer übereifrigen Gruppe besonders Start-Eiliger zu früh über die Linie ziehen. Hier bleibt einem aber überhaupt nichts anderes übrig, höchstens die Hoffnung, nicht gesehen zu werden. Man muss mit oder ansonsten gnadenlos hinterher segeln.
In der dritten Tages-Wettfahrt lud sich der Alpsee-Segler, der als bayerischer Binnenseesegler sicherlich Leichtwindgeduld aufbringen kann, bei sehr poblematischen und fragwürdigen Windbedingungen (eigentlich waren es perfekte Flautenbedingungen) selbst ein DNF auf, nachdem ihn die Jury zu allem Überfluss auch noch ungerecht geflaggt hatte. Philipp stand zuvor länger ruhig im Boot (bin 100%-iger Zeuge) und schaute null Beaufort nach Wind aus. Der Jury kam das (offensichtlich noch nie so etwas gesehen) suspekt vor und bekam den Gedanken an eine verbotene Methode irgendwie nicht los: Gelb für Buhl! Buhl drehte postwendend, aber nur einen Teilkringel von 180°- Richtung Hafen.
Jetzt war klar und bestätigt, was wir schon von früher wussten. Früher als man oft glauben mag, kommt ein Segler in die Rotbereiche der Konzentrations-, Aufnahme- und Umsetzungsfähigkeit sowie an den Rand der mentalen und physischen Belastbarkeit. Schließlich beinhalteten für Philipp die elf Tage vor Medemblik nicht weniger als 3 + 3 Wettkampftage in Kiel bzw. Hoorn + 2 intensive Traingstage in Kiel und zudem rund 25 Stunden Reisezeiten mit allem sonstigen Drum und Dran. Das war zu viel. Eine Konservierung und geschweige denn eine Steigerung der noch vorhanden Restleistungsfähigkeit war kaum noch zu erwarten.
Der dritte Tag lief mit den Plätzen 23 und 17 nochmals einigermaßen rund und zufriedenstellend. Vor allem, weil der fortwährend dezente Wind um vorwiegend 1.5 bis nur gut 2 Bft. und die relativ kurze Flachmeer-Welle sicherlich nicht zu Buhls günstigen Bedingungen zählten. Um so mehr aber waren es die perfekten Bedingungen der demnächst nach Qingdao Reisenden, die sich für dieses ausgesprochene Leitwind-Revier gezielt auf Leichtathleten heruntertrainiert hatten.
Philipp schaffte nun das Goldfleet gerade noch, denn von den zwei Patzern konnte hier nur einer gestrichen werden. Das hob die Motivation nochmals etwas an. Um das Gesamtergebnis ging es längst nicht mehr.
Nun war die Leistungsdichte naturgemäß verdoppelt (Goldfleet eben). Nachwuchssegler Philipp kämpfte, nicht mehr im Vollbesitz seiner besten Eigenschaften und Ausstattung, in einem extrem hochkarätigen Feld, das sich von einer Erwachsenen-WM praktisch kaum unterschied. Über die Platzierungen gibt es nicht viel zu berichten. Ein echter Lichtblick war eine elfte Position an der Luvmarke, die sich aber wieder zu höherer Dimension auflöste. Dieser Philipp im Goldfleet der Delta Lloyt war ganz offensichtlich nicht wirklich mit flying-buhl vergleichbar .
Die letzte für Sonntag vorgesehende Wettfahrt haben wir zu Gunsten einer gemütlicheren Heimfahrt geopfert. Philipp belegte damit bei nur einem Streicher von zwölf Wettfahrten Platz 56. Gewonnen hat der amtierende und mehrfache Weltmeister und Europameister sowie Weltranglistenführende Tom Slingsby (Australien) vor Bronzemedaillen-Gewinner von Athen, Vasilij Zbogar (Slovenien) Tonci Stipanovic (Croatien).
Das Wichtigste waren am Ende die wertvolle neuen Erfahrungen, die uns Medemblik zur Auswertung mit auf den Heimweg gab. Sie lassen sich so zusammenfassen: Bereits kleine Fehlerchen (ganz egal, ob am Start, auf der Kreuz, dem Raum- oder Vorwindkurs) führten schnellstens zu erheblichen Einbußen, ein mittlerer Fehler zu sehr gewichtigen und ein größerer zu fatalen Ergebnisverschlechterungen. Stärkeres Aufholen ist in diesem Umfeld faktisch Keinem mehr möglich.
Es war immer schon klar, dass auf die höchsten Berge die Felswände gegen Gipfelregion steiler und schwieriger werden und die Luft dünner. Die neuen Herausforderungen sind konkret und spürbar geworden. Konsequente Entwicklungsarbeit sowie umfangreiche und innovative Feinarbeit und Erkenntniszuwächse sind weiterhin für die Entwicklung von höchster Bedeutung. Natürlich auch die Zuversicht. Sie steht!
Weit oben ist keiner zufällig.