Philipp Buhl stellt sich im Laser der Welt-Konkurrenz.
Sein bisher größtes Event.
(Tages-Berichte und aktuelle Infos aus Kingston / Kanada hier!)
(Kingston, 14.07.2007 (Text:fb Bildquellen: Hobie-Segler, A.Hantke, fB))
Hintergrund und Vorgeschichten
Austragungsort der ISAF Junioren-Weltmeisterschaft aller olympischen Jugendklassen ist 2007 Kingston am Ontariosee in Kanada. Nachdem der Laser in den 90er Jahren (nicht zur Freude der FD-Klasse) olympisch wurde, mischen die Jungs im Laser bei diesem olympiaähnlich aufgemachten Sportevent mit. 1994 war es zum ersten Mal.
Damals war wegen des frischen Olympiastatuses die Besetzung noch nicht so stark. Allerdings galt das nicht für die Spitze. Kein geringer als der Weltklassesegler Ben Ainslie (England) (der später eines von Philipps Vorbildern wurde) holte die Slber-Medaile nach Europa. Ein Jahr später kassierte er Gold. Das war fast das Maximum an Erfolg bei dieser Art von Event. Denn es kann nur ein Junior U19 dort antreten, damit maximal zwei Mal. Noch eine Besonderheit gab es 1994 und 1995. Der Deutsche, Philipp Buchert aus Berlin sicherte sich jeweils die Medaille hinter Ainslie. Ein großartiger Erfolg des Berliners für Deutschland, wie sich im Verlaufe der weiteren Geschichte der JoWM des Segler-Weltverbandes herausstellen sollte. Buchert hat später die Szene leider verlassen, Ainslie ist mehrfacher Weltmeister und Olympiasieger im Laser und Finn geworden.
Nur noch zweimal bis 2007 gelang Deutschen Laser-Athleten ein Medaillenrang.
Es war Tobi Schadewaldt (Kiel / Hamburg) 2002 in Lunenburg / Kanada. Er holte sich in einem ziemlich dramatischen Verlauf Bronze.
2004 wiederholte der Lübecker Simon Grotelüschen für Deutschland den bronzenen Erfolg in Gdynia / Polen.
Tobi und Simon gehören seit Jahren zur Spitze der deutschen Laser-Profis und platzieren sich erfolgreich unter den Senio-Spitzensegler der Welte.
Die Analyse aller früheren Ergebnisse zeigt, dass die Europäer unter den Medaillisten gut vertreten waren.
Zurück zum Aktuellen.
Das Seglertalent Philipp Buhl vom Immenstädter Segelclub (SCAI) träumte in aller Stille bereits 2006 davon, die Qualifizierung unter den Deutschen für die JoWM in England bereits als Jungfuchs zu schaffen. Das wäre für den damals schon amtierenden Jugendmeister keinesfalls unmöglich gewesen. Damals war das Qualifizierungsergebnis im Gegensatz zu heuer an zwei Regatten gebunden: Europacup in Hoorn (Ijsselmeer / Niederlande) und Pfingstbusch (Kiel, Ostsee).
Bald sollte sich für den Segler vom Alpsee allerdings zeigen, das das Drehbuch für 2006 und ihn Anderes vorgesehen hatte. Denn ausgerechnet auf dem Ijsselmeer, diesem ausgesprochenen Windrevier kam es zunächst wegen viel zu viel Wind am Ende nur zu drei Wettfahrten (Mittel- bis Leichtwind dazu). Diese wurden eilig am letzten Tag abgewickelt, und es gab stand nur drei Wettfahrten kein Streicher zur Verfügung. Für einen EC wgen der zahlreichen geplanten Wettfahrten ziemlich selten. Philipp segelte in Hoorn gut, aber in einer Wettfahrt leistete er sich einen Fehlgriff, einen ca. 60. Platz. Dieser blieb stehen und das war’s. Die schönen Träume waren angeknackst. Die hohe Punktfracht, eine tiefe Scharte im Qualifizierungsergebnis, konnte er später in Kiel nicht mehr auswetzen. Als Niederlage hat Philipp das vielleicht im ersten Moment empfunden, als sich der Lübecker Oltmann Thyen über das ersehnte WM-Ticket in seiner Tasche freuen durfte. Für den Norddeutschen war es altersbedingt die letzte Möglichkeit. Wir freuten uns dann bald für ihn. In lebhafter Erinnerung sind heute noch die tröstenden Worte: „Philipp, das Schicksal wollte es so. Bestimmt bedeutet es auch etwas Gutes an anderer Stelle“. Der SCAI-Segler fand sich schnell und mit der richtigen Sichtweise leicht damit ab. Man muss nicht beide Chancen für das größte Sport-Event ausreizen. Nur die Wenigsten schaffen dort den zweimaligen Auftritt wie seiner Zeit Ainslie und Buchert in den Anfängen der Laser-ISAF-JoWM.
Wie sich ein Jahr später zeigen sollte, hat des Schicksals Drehbuch das Sonthofener Segeltalent nicht vergessen. Einige Wochen später wurde er zum zweiten Male Int. Deutscher Meister (U19). Und ein Jahr später, im Juni 2007, hat der Karriere-Durchstarter im französichen Hyeres in einer kaum zu glaubenden Weise meisterhaft gekämpft und souverän alles abgeräumt: EM-Gold U19, EM-Gold U21, ganz nebenbei (obwohl für ihn sehr wichtig) die JoWM-Quali für Kanada.
Dort ist er jetzt und steht vor seiner größten Herausforderung in seiner erstaunlichen sportlichen Erfolgskarriere. Allein schon die Teilnahme bei diesem Highlight-Event, eine Art Olympia der Jugend, ist Ausdruck herausragenden Erfolges und ist unvergessliches Geschenk fürs Leben. Genauso wie für einen Profisportler, wenn er zurecht stolz von sich sagen kann, Olympiateilnehmer gewesen zu sein. Auch wenn keine Medaillen herausspringen, ist das für jeden dieser Sportler eine Riesen-Sache, für eine Nation der über Leistungsauslese Auserkorene einzige Disziplin-Teilnehmer zu sein dafür Alles in die Waagschale zu legen.
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Die Tage davor
Längst vorher und ab Freitag nach der Schule auf Hochdruck alles Vorbereiten und exakt verpacken, nichts vergessen, war angesagt. Samstag, 07.07.07, wir fahren spätabends nach München, übernachten dort, fahren am Sonntag ziemlich früh zum FJS-Airport, checken ein, …. Für den Kanada-Reisneden ist das jetzt Bevorstehende etwas doppelt Besonderes. Er fliegt zum ersten Mal.
Pünktlich hebt die Lufthansa-Maschine ab und zieht am Himmel in großem Bogen Richtung Frankfurt ab.
Dort ist das Treffen mit 2 DSV-Trainern (Philipps Coach ist Bundetrainer Achim Hantke), einem Team-Leader und den weiteren deutschen WM-Qualifizierten der anderen Disziplinen anberaumt. Ca. zwei Stunden später geht’s per Düsenjet über den Nordatlantic in die größte kanadische Stadt und Ontario-Hauptstadt Toronto.
Von hieraus war in über vierstündiger Straßenfahrt der Restweg der Reise zum Austragungsort Kingston zurückzulegen.
Es ist spät am Abend – bei uns zu Hause bald schon wieder Morgen. Er wunderte sich über ungewöhnlich Müdigkeit. Warum eigentlich?
Die Strapazen des Jet Lag auf Grund sechsstündiger Zeit-Rückverschiebung, vielleicht zu wenig Essen, später nach Ankunft vielleicht zu viel Essen, bringen Philipp über gut zwei Tage schwer aus dem gesundheitlichen Gleichgewicht. Natürlich beunruhigt das, denn bis zum großen Auftritt sind es nur noch wenige Tage.Ist die Top-Fitness überhaupt noch zu erreichen?
An Vorbereitungs-Aufgaben fehlt es nicht. Jeder Segler bekommt auch ein neues Boot, das mit dem eigenen Zubehör (Schoten, diverse Rollen, Kompass usw.) auszustatten ist. Alles passt nun, auch die selbst konstruierte besonders leichte Kompassplatte nach kleinen Nachfeilarbeiten.
Das neue Gerät muss der Sportler jetzt selbstverständlich noch mehrfach testen und sich an alle etwas anders gearteten Dinge anpassen.
Es baut ihn auf, dass er sich Donnerstag gesundheitlich wieder zu 90% (sagte er) fit fühlt. Außerdem ist nun der neue Laser für den Wettkampf mehr oder weniger perfekt.
Jetzt ist es Zeit, an die Welt zu Hause nachzudenken.
Der WM-Teilnehmer Philipp Buhl stolz vor dem nagelneuen WM-Gerät.
Er lässt aus vom Ontariosee alle seine Gönner, Fans und Mitfiebernden herzlich grüßen: seine Familie und seinen persönlichen Supporter für schier alle Belange, die Mitglieder seines Segelclubs SCAI, Landestrainer Tom Reulein sowie ehemalige Trainer des BSV (Georg, Albin, Martin), seine Sponsoren und Förderer, seine DC-Kader-Kollegen, seine Lehrer und Mitschüler sowie sonstige Bekannte und nicht zuletzt alle, die ihn bei Trainings und auf sonstige Weise auf seiner bisherigen sportlichen Laufbahn unterstützt und irgendwie weitergebracht haben. Drückt mir die Daumen für Erfolg!
Schließlich wird Philipp über die Ferne mit mehreren Test-Vorhersagen und Analysen zu Wetter und vor allem Wind versorgt, um weitere Erfahrungen mit den örtlichen Segelbedingungen zu gewinnen, und schließlich möglichst verlässliche tägliche Grundkonzepte für die Großraumtaktik daraus ausarbeiten zu können. Seine Rückmeldungen und Feststellungen vor Ort sind hierzu gefragt.
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Freitag 14.07.07, einen Tag davor
Einen Tag vor dem großen Start hat der Alpsee-Segler den Endtest und einen letzten erkundenden Kontakt mit Wind und Wellen im Visier. Es regnet und windet in der Früh. Es sieht nicht freundlich aus. Das Wetter richtet sich. Zum geplanten Practice Race kommt es leider nicht. Wind der Stärke 4-5 zunehmend und die Wetterlage ließen Zweifel aufkommen. Die Wettfahrtleitung befürchtet noch eine Sturmeinlage und storniert das Test-Race. Der Sturm schien nicht zu kommen. Philipp segelt raus, testet und erkundet nochmals. Mit dem neuen Schiff muss er sich schließlich uneingeschränkt anfreunden. Er kommt mit Allem gut zurecht, berichtet er. Aber er stellte auch fest: „Das Schiff brummt bei höherer Geschwindigkeit.“ Ursache sind meist ungünstige Verwirbelungen an Schwert und Ruderblatt auf Grund nicht exakter Stellung relativ zueinander. Das spricht wieder einmal für die zur Genüge bekannte „hohe Präzision“ der One Design-Klasse Laser. Für den betroffenen Athleten gilt, das Brummen einfach abzuhaken und überhören. Schließlich ist daran nichts zu ändern.
Einfühlsam wird das neue Gerät getestet, um es emotional (auch wenn da und dort etwas nicht ganz optimal erscheint) einfach uneingeschränkt anzunehmen. Irgendwie läuft es schon besser als sein in der gehobenen Laser-Szene überaus alter, aber über die Jahre einfach liebgewordener und verdienstvoller GER-173615, verlautete seine Auffassung auf die Nachfrage.
Der nach MEZ nächtliche Gesprächs-Kontakt mit unserem Laser-Segler signalisierte: Die Fitness ist nun perfekt. Die mentale Verfassung auch. Alles passt. Wie es genau im Inneren eines Sportlers am Vorabend eines solchen Auftrittes aussieht, entzieht sich uns letztlich doch.
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Samstag! Der Countdown läuft an
Vier Stunden noch ab Frühstück. Auf die letzten Feinheiten kommt es jetzt an. Dies weniger im physischen und technischen Bereich als mehr im Mentalen. Technisch und physisch steht ohnehin alles in paratem Zustand.
Letzter Dialog zwischen uns um 8:00 (GDT). Er wirkt für die paar noch anstehenden wenigen letzten Sätze besonnen und ruhig. Stellt noch eine Rückfrage zur überlieferten Windanalyse. Alles klar, nun. Eine eher ungewöhnliche Art Nervosität und Angespanntheit scheint ihm aber doch anzulasten. Logisch!
Das Kunststück für den Wettkämpfer besteht auch darin, jeden blockierenden Spannungszustand möglichst gegen Null zu reduzieren, um der nötigen Lockerheit (wie man immer so schön sagt) für die große mentale Herausforderung und physische Anforderung den Platz frei zu machen.
Zum Start der ersten Wettfahrt, wartet Südwestwind mit 3 Bft auf. Philipp segelt nach gelungenem Start die Startkreuz mit mittlerem Risiko relativ weit links aus und rundet prompt als Erster die Luvmarke. Auf dem anschließendem Raumkurs und Vorwind lässt er keinen Angreifer durch und führt das Feld weiter an. Auf der zweiten Kreuz konzentriert er sich mehr auf die taktische Feldkontrolle und das Mitnehmen von Drehern. Er kann den Vorsprung damit weiter ausbauen. Im Ziel verbucht er einen souveränen Sieg. Ein tollerer Einstieg ist nicht vorstellbar.
In der zweiten Wettfahrt ging es für den Deutschen wesentlich turbulenter zu, nicht mehr ganz so rund. Mehrere Belastungsproben erwarten ihn.
Der Wind hat auf 2 Bft abgebaut, nicht unbedingt das von ihm gewünschte. Die Startlinie ist links bevorzugt, also links starten, lautet (von Ausnahmen abgesehen) ein wichtiges Grundgesetz . Das denken natürlich auch zahlreiche Konkurrenten, wodurch sich das Starten natürlich nicht einfacher gestaltet. Zehn Meter Strom von rechts und vielleicht die zu scharfe Einschätzung des letzten Startkorridors werden ihm zum Verhängnis. 1o m Strom von rechts schiebt unseren Segler in den letzten Vorstart-Sekunden glatt an der Bahnpin vorbei. Gott sei Dank allgemeiner Rückruf.
Philipp entscheidet sich erneut für die Bevorzugung links, damit erneut für Startrisiko. Fast hätte alles perfekt geklappt, wenn er nicht von einem Steuerbord-Starter blockiert worden wäre. Nun muss er schleunigst im und hinter dem davonstartenden Feld über zwei Wenden nachkorrigieren, um wieder einigermaßen im freien Wind den Anschluss an die Vordermänner zu bekommen.
Philipp entscheidet sich für hohes
taktisches Risiko und segelt die vermeintlich bessere linke Seite mehr oder weniger in der Extremzone. Schließlich will er den Startverlust aufholen. Mit Speed ist dies für ihn bei 2 Bft nicht möglich. Die Kalkulation stimmt; der lange Linksdreher blieb. Philipp rundet als Zehnter. Verlust also bereits begrenzt.
Auf dem Raumschenkel schnappt er zwei Konkurrenten. Nun erstes Missgeschick. Philipp berührt die Tonne, muss somit einen 360°-Kreisel ziehen. Das kostet. Auf Lee ist er im Gate trotzdem wieder Achter und im letzten Leegate sogar schon Fünfter, knapp am Franzosen (an den hat er noch lebhafte Erinnerungen aus Hyeres).
Nun erneut ein satter Dämpfer. An der letzten Leemarke bemisst Philipp beim Rundemanöver den engen Raum zu scharf und streift das Franzosenboot und die Kurstonne gleich in einem Zug. Das bedeutete für ihn als Strafe einen Doppelkringel (720 Grad, ist 2 Wenden und 2 Halsen), bevor er Richtung Ziel abziehen kann. Natürlich sind jetzt wieder Plätze dahin. Drei Stück!
Die Ziellinie quert er nun als Achter. Eine Leistung, die ihm sein hohes Aufholpotential wieder (wie bei der EM auch mehrfach) zeigte. Diese Wettfahrt darf man sehr positiv sehen, da sie vermutlich lehrreich war und das Selbstbewußtsein in puncto Aufholen (auch in den Spitzenbereich hinein) auffrischen und weiter stärkend konnte.
Die Wettfahrtleitung startet bei weiter nachlassendem Wind um weniger als 2 Bft eine dritte Wettfahrt. Nachdem die Leichtwindbrise weiter abflaut, schießt die Wettfahrtleitung ab. Philipp liegt zu diesem Zeitpunkt erneut bei den Vorderen, an Position zwei. Bei diesem Leichtwind will das für ihn echt etwas heißen.
Auf der Tagesliste Boys Laser präsentiert sich der Eintrag Philipp BUHL Germany schließlich an der hervorragenden zweiten Position. Hätte er sich die Verzögerer-Situationen ersparen können, läge er nach dem ersten Wettfahrttag sicherlich in Führung (was momentan noch nicht wichtig ist). In dieser Konkurrenz eine enorme Sache.
Im Zwischenergebnis führt nun der Koreaner vor Buhl und dem Segler aus Cypern, der bereits bei der EM mit zwei Siegen am ersten Tag einen bombastischen Eindruck hinterlassen hat. Er war allerdings dann weg vom Fenster und konnte sich mental offensichtlich nicht mehr fangen, als er damals am zweiten Tag Fehlstartdämpfer einstecken musste.
Philipps Coach vor Ort, Bundestrainer Achim Hantke resümierte, Philipp sei am ersten Wettfahrttag schnell, konzentriert und risikofreudig gesegelt. Er wirke auch zuversichtlich.
Nun kann es mit diesen Eigenschaften in die zweite Tagesrunde gehen. Wir dürfen gespannt sein, was alles passieren wird.
Philipp, wir drücken dir alle erneut die Daumen für Erfolg !!
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Sonntag, zweiter Wettfahrttag
Zuerst ein Nachtrag zu den Samstagereignissen. Das Schiedsgericht hat heute Vormittag einen Segler nachträglich disqualifiziert. Damit rutschte Philipp einen Punkt nach vorne und führt somit nach dem ersten Wettfahrttag punktgleich mit dem Koreaner.
Zur Zeit wird gesegelt und zwar voll Power. Die Windmess-Stationen melden seit Vormittag(GDT) zunehmenden Sudwest um 3-4 Bft. Zwischenzeitlich ist die Skala auf 5 Bft geklettert. Wenn wegen Höhenmessung 5 kn abgezogen werden, verbleiben sicherlich gut 4 Bft in den Segeln. Das sollte dem Allgäuer entgegenkommen. (15.07.07, 20:45, MEZ (= -6 h, (GDT)).
Spätere Berichte aus Kingston bestätigen den Wind. Der Randbereich eines nördlich durchziehenden Tiefausläufers überzieht den Ontariosee mit zwar konstantem, aber zunehmend kräftigen bis später starken Südwestwind der Stärke 5-6 Bft.
Auf den deutschen Segler Philipp Buhl richten die Konkurrenten, Zuschauer, Trainer usw. heute unweigerlich ein besonderes Augenmerk. In seinem Segel erstrahlt nämlich der erste vergebene große gelbe Punkt . Das Zeichen des Führenden, vergleichbar mit dem gelben Trikot bei den Radprofis während der Tour de France. Das erhebt natürlich auch den Steuermann dieses Gerätes: GER und daneben der gelbe Punkt. Diese Impression wird bereits Erinnerung für’s Leben bleiben. Schließlich wetteifern die besten Junioren-Laser-Athlethen der Welt – ausnahmslos.
Die erste Tageswettfahrt wird noch bei 4 Bft gestartet. Philipp hat sich in der vierten Position eingependelt. Dann ein Konzentrationsfehler. Bei einer Wende an der Kreuz kentert er und verliert – holt aber wieder auf. Auf der Zielkreuz witscht ihm noch einer durch, und Philipp quert schließlich als Fünfter das Ziel. Das Ergbnis stabilisierte die Position vorne und war soweit okay.
Der Wind steht zwischenzeitlich auf 5 Bft. Die Welle ist relativ hoch, kurz und steil (ähnlich Ijsselmeer) und daher schwierig zu segeln. Der Bug darf beim Surfen einfach nicht stecken, sonst liegt man, wenn der Wind von hinten unausweichlich und gnadenlos ins ausgestellte Segel presst.
Die Wettfahrtleitung lässt an diesem zweiten Wettfahrttag die Jungs voll in die Beanspruchung, lässt nämlich den sehr unüblichen Doppelloop segeln. Das bedeutet, insgesamt dreimal hochkreuzen, und das ausgerechnet (sicherlich gezielt) bei diesem Wind. Die Athlethen sollen offenbar ihre Leistungsgrenze schmerzhaft erfühlen. „Bedingungen brutal, da zwei Loops am Outerloop …“, bekomme ich stichpunktartig in der Nacht übermittelt.
Nun Race vier. Der Wind von über 5 Bft (Tendenz weiter zunehmend) und der mit Schaumkronen übersäte Lake Ontario sollte nun das alleräußerste der jungen Athleten im überlangen Kurs abverlangen.
Jetzt geht es segeltechnisch und athletisch voll zur Sache
Im Trio der Anführenden ist in der Nähe der ersten Luvmarke auch wieder der mit dem GER und dem gelben Punkt gleich auf zu sichten. Dann kann ihm der Koreaner seine Wirbelschleppe drauflegen. Das bedeutet für Philipp einen Rückfall auf den fünften oder sechsten Rang schier im Handumdrehen. Die Verfolger waren eben ganz dicht dran.
Das lässt natürlich in einem Kämpfer die Angriffswut aufkochen.
Auf dem Vorwind (starker Wind, steile Welle, sehr schwierig) will es der Europameister aus Deutschland wieder demonstrieren, wo er sein will. Aber es sollte nicht sein. Das überhohe Downwind-Risiko führt erneut zu einer Kenterung. Damit wird er auf den Zehnten zurückgeworfen. Nach der nächsten Kreuz kämpft er wieder drei hinter sich. Die Verwicklung in ein sehr heikles Rundungsmanöver mit Kenterung an der letzten Leemarke, das beim Finnen auch zu einem verschmerzbaren Knieverletzung führte, pfropfte erneut 1 bis 2 Punkte auf das Deutschland-Konto.
Nach enormem Körpereinsatz – die Hauptmuskulatur brennt durch und durch – verbucht unser Athleth im Ziel, zwar etwas enttäuschend, aber nicht ganz unzufrieden, den neunten Rang.
Das „gelbe Trikot“ trägt für den nächsten Tag ein anderer im Segel. Trikot-Wechsel! Ein normaler Vorgang, wenn die Spitze hart bestückt ist. Pavlos Kontides aus Cypern ist für Montag der zurecht Stolze. Er kann mit den Rängen 1 und 3 zweifellos einen super Tag für sich eintragen. Philipp hat ebenso eine sehr starke Leistung vorgelegt, aber der Tag war für ihn mit außerordentlichen Zwischenfällen und Hürden gespickt.
Morgen wird er nicht punktlos raussegeln. Es krönt ihn immerhin noch der rote Punkt (Symbol für Bronze) ím Segel. Zwei Ergebnispunkte vor ihm liegt noch Jeemin Ha (Korea), auch ein gefählicher Gegener.
Zuerst gilt es für die Athlethen, nach allen weiteren Erledigungen möglichst gut und schnell zu regenerieren. Große Erschwernis ist die Zeitverschiebung von sechs Stunden. Man kann sich vorstellen, dass die sportliche Leistung von 18:00 Uhr bis Mitternacht zu erbringen ist.
Was wird der Montag in Kingsten bei den Lasern mit sich bringen?
Philipp, wir drücken dir alle erneut die Daumen für Erfolg !!
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Montag, dritter Wettfahrttag
Erfolg für Philipp Buhl: Plätze 1 und 6.
Er stabilisiert sich damit im Spitzenbereich hinter Cypern (- 9 Punkte) und Neuseeland (-3 Punkte).
Der Deutsche verteidigt somit den roten Punkt (Bronze-Symbol) im Segel und wird nächstens in ununterbrochener Folge mit einem Spitzenreiter-Symbol im Wettkampfareal auftreten.
Zu Beginn der ersten Tageswettfahrt (Race 5) weht See Breeze mit 2-3 Bft, Tendenz zunehmend.
Unserem Segler vom Alpsee gelingt ein exakter und bomiger Start aus der Mitte des Feldes. Bei Wind aus 210 Grad überzeugte ihn die linke Seite. Hier nimmt er bestimmte Winddreher mit und ist am Luvfass knapp hinter Guilbault (Frankreich).
Auf dem Raumkurs lassen beide nichts anbrennen und segeln auf dem Vorwind auf zunehmenden Abstand zum Feld.
Auf der nächsten Kreuz entscheidet sich der ziemlich nahe Neuseeländer für die extremere Linksseite, eine durchaus naheliegende Alternative. Der Franzose wird nervös und biegt dann ebenso nach extrem links hinaus.
Philipp lässt sich nicht zappelig machen, bleibt auf seinem Kurs, nimmt die Linksseite dezenter, eher schon mittig. Er glaubt eine Windverstärkung in der Ferne wahrzunehmen zu können und mit ihr, so wusste er, kommen die Dreher fast regelmäßig von rechts.
Diese Rechnung ging prompt auf. Oben rundet GER zuerst, der Neuseeländer Zweiter, der Franzose (der kurzzeitig keinen eigenen Plan zu haben schien) ist ein Stück abghängt.
Nun „bekriegen“ sich Neuseeland und Deutschland bootsnah über den noch langen Weg (Raumkurs, Vorwind, Raumkurs, Zielkreuz) bis an die Ziellinie. Der Alpseesegler lässt keinen der zahlreichen Angriffe von NZL durchgehen und segelt mit einer Bootslänge auch vor ihm durchs Ziel.
Dieser zweite Sieg war für Buhl nun sehr wichtig, auch mental, nachdem am Vortag mehrere Probleme für leichte Enttäuschungen sorten.
Die sechste Wettfahrt verlangt wieder zunehmenden Körpereinsatz: 4 Bft + Outerloop doppelt (also insgesamt drei Kreuzen).
Philipp berichtet: „Bei diesem Start hatte ich keinen so genauen Plan.“ Er sei zwar superschnell links rausgedonnert und dann einen Linksdreher mitgenommen, aber irgendwie nicht entschlossen genug, einfach etwas zu spät. Er glaubte an einen anhaltenden Dreher. Das war nicht so. Oben ist er nur an Position acht oder neun.
Er ist sehr schnell unterwegs und holt wieder bis zum Sechsten auf. „ Auf dem Vorwind war ich richtig schnell.“ teil er mit. Insgesamt sei eine Menge mehr drin gewesen, spricht nochmals die zu zögerliche Reaktion auf den Linksdreher an und von seinem außergewöhnlich Speed und stellt fest: „Ich hätte mich wirklich sofort aufs Feld packen sollen, um es gleich von Anfang an zu kontrollieren.“
Es gibt keinen Grund zur Unruhe, auch wenn die zweite Tageswettfahrt nicht ganz wunschgemäß aufging. Fehlerchen machen ist auch ganz normal. Die machen auch Spitzensegler der allerhöchsten Kategorie da und dort. Rang 1 ist hervorragend, Platz 6 noch gut, keine Frage.
Philipp hat sich damit im Spitzenbereich weiter stabilisiert und besitzt weiterhin den roten Punkt=Bronze-Symbol. Mit diesem Zeichen konnte er stolz in den Hafen einsegeln (Bild rechts) und wird damit nach dem morgigen Ruhetag am Mittwoch wieder auf der Wettkamp- Arena aufkreuzen.
Die Spannung wird jetzt unweigerlich zunehmen. Und: „Ich fühle mich gut.“, stellt unser Sportler fest. Na dann! Dann kann, zumindest auf Grund dieser sehr wichtigen Eigenschaft, nichts mehr schief gehen.
Philipp, wir drücken dir alle weiterhin ganz fest die Daumen für Erfolg !!
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Dienstag, Ruhetag
Endlich Ruhetag, werden wohl alle Athleten fühlen. Besonders die Europäer werden ihn dringend nötig haben, auf denen immer noch die Last der sechsstündigen Zeit-Rückverschiebung lastet. Sie haben praktisch tagelang teils schwere körperliche Nachtarbeit verrichtet. Das muss zusätzlich an die Substanz gehen.
Wir wünschen Ruhe und beste Erholung bis zum nächsten Einsatz!!
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Mittwoch, vierter Wettfahrttag
Die zweite Rund läuft an. Jede weitere Wettfahrt wird das Gesamtergebnis jetzt mehr und mehr stabilisieren. Und schließlich rückt auch die Entscheihung näher.
Die Wetterverhältnisse sind heute sehr instabil, der Wind sicher nur schwach um vielleicht 2 Bft aus Süd. Von pfiffiger See Breeze wird heute auf dem östlichen Ontariosee mit den sonst sehr häufigen kräftigen Thermikwinden nichts vorzufinden sein. Die Frage ist, kann überhaupt gesegelt werden. Es entzieht sich momentan meiner Kenntnis, ob die Segler überhaupt ausgelaufen sind. In ca. fünf Minuten wäre normalerweise Startschuss. (17:55 (MEZ))
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Die Wetterstationen weisen ab ca. 13:00 7-9 kn = 2-3 Bft / SSW aus, so dass jetzt mit ziemlicher Sicherheit gesegelt werden dürfte. (20:35 (MEZ)).
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Die erste Wettfahrt (Race 7 ) am Mittwoch nach dem lay day
beginnt mit einem sehr guten Start aus der Mitte. Der thermisch angetriebene Wind steht trotz ursprünlich eher düsterer Windaussichten auf ca. 2 Bft südlich. Unser Segler, Philipp Buhl, entschied sich wie die Gruppe seiner Hauptkonkurrenten für die linke Seite der Startkreuz. Sie erwies sich im Allgemeinen unter Sea Breeze als vorteilhafter. Unter seinen Begleitern ist er als Dritter oben. Prima! Aber es gab dieses Mal einen gewichtigen Vorteil für ganz Andere, für Jene, die bisher mehr nur im Mittelfeld gekämpft haben. Sie segelten über das rechte Areal und runden als Schar von ca. 15 Seglern die Boje der Reihe nach früher. Das ist natürlich auf den ersten Blick voll überraschend.
Ob die Rechts-Segler dies einfach so mit Glück hingebracht haben oder durch einen gewieften taktischen Schachzug, wird ungeklärt bleiben. Man hätte dies vielleicht vorhersehen können, denn die Sea Breeze kam auf Grund großräumiger Regenwolken im Süden und Südwesten des Sees (das war soweit klar) ca. 20 Grad südlicher als der übliche Thermikwind-Anschlag und mehrere Kilometer vor der Bahn erstreckt sich bei Südströmung eine größere Insel in den Windeinzug-Bereich.
Jetzt hilft nur noch voll weiterkämpfen und das Beste draus zu machen. Was sonst. Schrittweise, aber mühsam kann Philipp einige der Davongebreschten einholen und liegt im Ziel auf Rang 11. Der gesamt Führende aus Zypern kommt auf Rang 24. Ähnlich erging es einem größeren Teil der Ranglisten-Vorderen.
Warum sollen sich nicht auch mal die Anderen freuen? Es gewinnt ein Segler, dessen bester Platz bis dahin ein 23. war Zweiter wird beispielsweise der Niederländer, der bisher im Mittelfeld vorzufinden war.
Man sollte bei diesem Rennen, wo die Ergebnisse etwas auf dem Kopf stehen, nicht annehmen, dass dieses Rennen deshalb irregulär war. Oftmals segeln die Schnellen einander nach, lassen sich aus taktischen Gründen nicht aus den Augen, ohne dass man zuvor tiefergründige Überlegungen zum Windverhalten angestellt hätte. Und die Langsameren segeln woanders, um einfach im ungestörteren Wind zu sein.
Nun läuft die zweite Tageswettfahrt (Race 8) an. Bei etwas mehr Wind wieder bombiger Start aus der Mitte, berichtet der Segler vom Alpsee, der heute gehöriges Gewicht in die Waagschale legen will. Ohne riskanten Start geht normal nichts, auch wenn die vorherige Wettfahrt das Gegenteil bewiesen hat. Dieser Start ist leider zu scharf kalkuliert worden. Sein Bug sticht offenbar ein Stück weit zu früh über die Startlinie. An der Luvtonne wird Buhl aus dem Rennen gewiesen. Das war’s für diese Wettfahrt.
Sie bringt Turbulenz und Stabilität gleichzeitig in die vordere Gesamt-Rangordnung: Buhl rutscht wegen OSC auf Platz vier zurück, der Finnländer Collura (Sieger dieses Rennens) übernimmt nun Buhls bisherige dritte Position, Zypern und Neuseeland stabilisieren sich dagegen auf ihren Führungsrängen.
Heute wird gleich noch eine dritte Wettfahrt (Race 8) gesegelt. Die Wettfahrtleitung legt offensichtlich hohen Wert darauf, das Plan-Soll wieder zu erreichen.
Beim Deutschen scheint sich – man kann fast sagen, „natürlich“ – etwas Startangst unter die Haut geschlichen zu haben. Das Resultat: „Schei …-Start, aber keine Ahnung wie.“, verlautet später aus seiner telegrammstilartiger Mitteilung.
Er kämpft sich jetzt im geschädigten Wind zur Luvtonne, kommt dort immerhin schon als 13. raus. Das ist nicht trostlos, was man im Übrigen sowieso nie so sehen dürfte. Am Ende fehlen manchmal nur Pünktchen.
Das sicher nicht gerade Einfache an diesem Tag war die Wind-Großraumtaktik. Diesmal konnte man die rechte Seite angeblich vergessen. Links schien eindeutig wieder mehr Vorteile zu bieten.
Auf dem Downwind heizt der Alpseeler einer Reihe vor ihm ein und rast schließlich bis an den Vierten ran. Im Ziel steht der fünfte Platz fest. Wieder einmal kam der Beleg, welch großes Aufholpotential bei ihm vorhanden ist.
Dieser gut fünfte Platz war nach einem turbulenten Tag für Philipp wichtiger Balsam für die Heimkehr und die Nacht. Denn Philipp hat den Finnen (Rang 17 bei dieser WF) nach seiner kurzen Stippvisite auf dem Medaillen-Anwärter-Rang wieder hinter sich gedrückt. Buhls Segel ist damit weiterhin mit dem roten Punkt geschmückt.
Jetzt beginnt der immer schmaler werdende und schwierige Grat zwischen angemessenem Angriff und Absichern. Absichern und Angriff haben gemeinsame Elemente: Risiko. Denn ohne Risiko geht nach vorne nichts und man würde zudem unverzüglich und gnadenlos nach hinten gereicht. In dieser Phase kommt der mentalen Stabilität besondere Bedeutung zu.
Philipp, wir drücken dir alle weiterhin ganz fest die Daumen für Erfolg !!
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Donnerstag, vorletzter Wettfahrttag
Die geplanten Wettfahrten wurden für heute abgesagt. Grund hierfür war ein zu leichter und unregelmäßiger Gradientwind.
Für den morgigen Freitag ist noch eine Wettfahrt mit Start bereits um 11:00 (17:00 (MEZ)) geplant.
Ein östlich entstehendes Tiefdruckgebiet mit wirksamen Ausläufer über dem östlichen Ontariosee verspricht zum JoWM-Ausklang vor Kingston einen mittelstarken Wind aus westlichen Richtungen.
Philipp, du hast es bis zum Schluss für große Spannung gesorgt. Danke Danke!!
Wir drücken dir für’s letzte Gefecht in Kanada ganz ganz fest die Daumen für einen großen End-Erfolg! Lass nichts mehr anbrennen!!
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Freitag, letzter WM-Tag
Philipp Buhl, (SCAI)
greift im Finale
nach der WM-Bronze-Medaille.
Aller herzlichste Glückwünsche!!
Und nochmals danke für die spannenden Stunden und Tage!!
Liebe Grüße aus Kingston an alle Fans, die mich unterstützt und für mich gezittert haben.
Euer flying buhl