Philipp Buhl nahe an EM-Medaille

Youngster Buhl lehrt den Arrivierten das Fürchten.

Philipp Buhl führte bei der Laser-EM in Tallin /Estland eine Glanzleistung auf. Er erzielte nach zwölf Wettfahrten den vierten Platz und verpasste nur knapp EM-Metall.
Der zweifache und noch amtierende Junioren-Europameister vom Segelclub Alpsee Immenstadt sorgte während des sechstägigen Wettkampfgeschehens für Highlights wie kaum ein anderer der 148 Segler aus 30 Nationen. Er verbuchte insgesamt drei Wettfahrtsiege, davon zwei in Serien. Am vorletzten Tag verwies Buhl mit zwei Zweiten im Goldfleet die Weltspitze auf die Plätze. Mit diesen Top-Resultaten konnte sich der Berghofer zweimal als Tages-Gesamtsieger feiern lassen.

Nach der zehnten Wettfahrt hatte er sich eindrucksvoll bis an die zweite Position vorgesegelt. Eine Medaille und ein weiterer Spitzenerfolg seiner traumhaften Karriere waren jetzt greifbar nahe. Doch es sollte am Ende nicht sein. Und Buhl nahms gelassen an: „Macht nichts. Ich bin trotzdem in guter Stimmung und sehr zufrieden.“
Auf jeden Fall verpasste der erst 20-Jährige der Laser-Weltelite mächtigen Druck.

Den neuen Europatitel der olympischen Laser-Klasse der Männer trägt nun Tonic Stipanoviv (Kroatien) vor Titelverteidiger Paul Goodison (England) und Andi Geritzer (Österreich).

(Tallinn / Estland, 06./11.06.2010 (Text und Bilder: Friedl Buhl)
Nicht eine einzige Trainingsminute zur Reviererkundung ließ Buhls dichter Terminkalender und ein zusätzliches logistisches Problem zu. Und das übliche Test-Race des Veranstalters am Vortag wurde wegen zu viel Wind nicht durchgeführt. Vielleicht war diese Situation auch eine gewisse Ursache, warum es bei Buhl am ersten Tag nicht zufriedenstellend rund lief. Er kam auf dem 75. Platz zu liegen, was sich vor allem am Schluss bei der Entscheidung um den Titel als Hemmnis erweisen sollte.
Gesegelt wurde in drei Fleets bei böigem und drehendem Wind der Stärke 2 bis 3 Beaufort.

Am zweiten Tag kam der Segler vom Alpsee auf Touren. Zunächst noch ein 19. Aber in der vierten Wettfahrt war Buhl offensichtlich richtig justiert. Er segelte Bestzeit und ließ den Verfolgern von der Startkreuz bis ins Ziel keine Chancen auf erfolgreiche Angriffe. Im Zwischenklassement bedeutete den ersehnten Rutsch nach vorne auf den 34. Rang.

Der dritte Tag sollte ein besonderer für den Sportsoldaten aus Sonthofen werden. Kräftiger bist starker Wind mit bis zu 6 Beaufort ließ erahnen, welcher körperlich grenzwertige Einsatz von den Laser-Athleten heute verlangt sein würde. Buhl wusste aber auch, dass er, der zwar jeden Wind einwandfrei segeln kann, für solche Bedingungen Vorlieben hat.
Trotz nicht ganz optimalem Start war er nach der Startkreuz bereits Zweiter hinter Geritzer (Österreich). An der zweiten Kreuz segelte der Deutsche die bessere Taktik im ablandigen drehenden und böigen Wind und hängte den österreichischen Olympiamedallisten und das gesamte Feld ab. Im Ziel genoss Buhl seinen zweiten Wettfahrtsieg bei dieser EM.

Keine geringere Trumpfkarte zog Buhl in der anschließenden Wettfahrt nochmals. Er hielt bereits ab der ersten Luvmarke und über den gesamten Kurs die komplette Konkurrenten seines Fleets im Schach, darunter auch den Vizeweltmeister Thompson (England) und den spanische Topsegler und Weltcup-Sieger Hernandez. Mit zwei Wettfahrtsiegen an einem Tag war Buhl nun sensationeller und überlegener Tagessieger. Die um Jahre erfahreneren Profis spürten sehr eindrucksvoll, welch enormen Leistungsdruck ein Segler der Nachwuchselite auf sie ausüben kann. Damit drängte er auf den 18. Rang der Gesamtwertung vor.

In den letzten Qualifizierungs-Races des vierten Tages brachte Buhl mit einem dritten und achten Rang erneut sehr gute Ergebnisse auf seinem Konto ein. Er marschierte im Zwischenklassement nun unter die Top Ten auf Platz acht vor, überholte zwischenzeitlich seine auch sehr gut gesegelten deutschen Kaderkollegen Simon Grotelüschen und Malte Kamrath und behauptete sich nun unter den namhaften Weltklasseseglern.

Am fünften Tag trat das beste Drittel der 148 Teilnehmer im Goldfleet zu den ersten Final-Races an, was naturgemäß eine dreifache Konzentration der Spitzensegler bedeutet. Für das Oberallgäuer Seglertalent schien es keine Grenzen des Erfolges mehr zu geben. In ganztags höchst schwierigen taktischen Situationen bei drehendem und ungleichem Mittel- bis Leichwind demonstrierte Buhl sein scharfsinniges Windlesen und seine ganzes segeltechnisches Können. Beide Wettfahrten waren an spannenden Positionskämpfen um die Führung nicht zu überbieten. Im ersten Race querte Buhl mit keinem halben Meter Rückstand zum Australier Pulk Ryan das Ziel. Im Folge-Race gelang ihm hinter seinem Kaderkollegen Grotelüschen erneut ein zweiter Platz.

Mit diesen exzellenten Resultaten war Buhl erneut Tagesbester – eine Zwischensensation, die sich zuvor bei einer Senior Laser-EM für Deutschlang noch nicht ergeben hatte. Der Erfolgsjäger keilte sich somit unaufhaltsam zwischen die Weltbesten. Genauer gesagt, er verdrängte die meisten. Er lag nämlich mit nur vier Punkten Rückstand jetzt auf Platz zwei der Gesamtwertung, damit voll auf Medaillenkurs, vor den ganz Berühmten wie etwa Slingsby, Goodison, Geritzer, Thompson usw.

Der Finaltag begann für den zwischenzeitlichen Shooting Star vermutlich in höherer innerer Anspannung. Er hatte sich unerwartet auf Medaillenkurs vorgekämpft. Eigentlich ist es für einen erst 20-Jährigen völlig ungewöhnlich und zu früh, in der extrem leistungsdichten Laser-Klasse bei einer Europameisterschaft der Erwachsenen am Ende auf einen Medaillenrang oder gar auf Gold zu segeln. Es wäre ganz und gar nicht nicht unmöglich gewesen. Aber es sollte letztendlich (noch) nicht sein, aus welchen Gründen auch immer. Buhls überragende Stärke der Vortage war indes etwas abgeflaut, und er verpasste mit einem 29. und 14. Rang am Ende ganz knapp die Bronze-Medaille.

Wahrscheinlich regten sich bei Philipp Buhl zumindest kurzfristig schon Gefühle der Enttäuschung. Zu Traurigkeit aber sah er ganz offensichtlich keinen Anlass. Ganz im Gegenteil. Er wähnte sich in guter Laune und äußerte große Zufriedenheit. Schließlich wusste er um seine sensationellen Abschnitte bei dieser für ihn unvergesslichen und sehr schönen sowie bestens organisierten EM in Tallinn, undankbarer vierter Platz hin oder her.

Die Aushängeplätze teilten sich Kroatien, England und Österreich. Mit Buhl auf Rang vier erreichte noch ein weiterer Deutscher, nämlich Grotelüschen, auf Rang sieben die Top Ten. Kaderkollege Kamrath hette leider ein Malheur und konnte am letzten Tag keine Wettfahrtwertung einbringen. Er landete auf Rang 32. Die weiteren vier deutschen Segler konnten das Goldfleet das nicht erreichen.

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