Nachwuchsteam Groß/Schay erringt ID-Meistertitel in der FD-Klasse. SCAI-Mannschaft Zink/Holzberger auf Platz fünf.
Während der Austragung der Internationalen Deutschen Meisterschaft der Flying Dutchman-Klasse zeichnete sich ein höchst spannender Verlauf ab. Nicht nur wegen des zunächst spärlichen bzw. fehlenden und am Ende doch noch hoch anspruchsvoll zu segelnden Windes, sondern wegen der Frage nach dem Sieger . Erst ganz zum Ende der Siegerehrung klärten sich all die Spekulationen, wer nach den turbulenten Reservetag-Wettfahrten nun die neuen Titelträger in der Flying Dutchman-Klasse sind: Sie heißen Jürgen Groß und Philipp Schay vom Segelclub Otterstadt. Die Mannschaft aus dem überaus segelbegeisterten jungen Steuermann mit dem fast noch jugendlichen Vorschoter schlug sensationell alle Favorisierten, allerdings mit sehr knappem Vorsprung. Den Platz des Vizemeisters erkämpften sich Jörg Witte (Tourensegler Grunau) / Stefan Mädicke (Steinberger Yachclub). Punktgleich mit ihnen standen Andreas Kunze (Staffelsee) / Josef Seebauer (Neunburger Yachtclub-Eisendorf) auf dem dritten Podestplatz. Sehr erfolgreich waren auch die unter den Top Ten platzierten Segler des veranstaltenden Seglelclubs (SCAI): Herbert Zink / Dieter Holzberger (5), Titelverteidiger Helmut Löther / Michael Klawitter (6), Hubert Waibel / Bene Wiedemann (8) und Thomas Seltmann / Sigi Lang (10).
(Immenstadt, 02. / 05.09.2004 (Text u. Fotos: Friedl. Buhl))

50 Flying Dutchmans aus 5 Nationen waren an den Alpsee gereist, um das anspruchsvolle und spannende Segel-Event IDM zu genießen. Von Deutschland fehlte kaum ein Spitzenteam. Mit der Begrüßung der Segler und Gäste durch den 1. Vorsitzenden Uli Weigel startete der Segelclub Alpsee Immenstadt nun zum dritten Male eine Internationale Deutsche Meisterschaft der Flying Dutchman-Klasse. Im Gegensatz zu der unmittelbar vorangegangenen IDM der Korsaren-Klasse ließ ein sich zunehmend ausweitendes Hochdruckwetter viel Sonne erwarten. An dieser Vorhersage bestand wenig Zweifel. Nur, was bedeutete diese angenehme Wetterlage für den Wind?: Auf den Bayerischen Seen meist Flaute. Am geografisch günstig in eine Tallage eingebetteten Großen Alpsee jedoch herrscht nicht selten trotzdem ordentlicher oder gar hervorragender Segelwind.
Als am ersten Wettakampftag Ali Seltmann den Seglern den ausgeflaggten Kurs an Land vorstellte, zog pünktlich zum ersten planmäßigen Start bereits Wind aus West auf. Kenner äußerten, dass es sich nicht um den begehrten echten Alpsee-Westwind handelte. Diesen ließ die Großwetterlage auch gar nicht erwarten. Nachdem die Boote zügig zu Wasser gelassen wurden, schaffte es die Wettfahrtleitung auf Anhieb, das große Regattafeld für die 1. Wettfahrt auf den Kurs zu schicken. Schade, dass später der Wind langsam aber sicher abzuflauen begann. Im vorderen Bereich lagen die Mannschaften Jörg Witte (Tourensegler Grunau) / Stefan Mädicke (Schweriner Segelclub), Kay-Uwe Lüdtke (Yachtclub Berlin Grünau) / Utz Müller (Segelverein Neubrandenburg), Friedl Buhl / Adalbert Netzer (beide SCAI) und Uwe Steingross (Berliner Tourensegler / Henri Kramer (Norddeutscher Regattaverein). Nach etwa halber Kursstrecke beendete Ali Seltmann das Rennen wegen zu wenig Wind.
Weiterer segelbarer Wind war am selben Tag nicht mehr geboten. Die Segler erwartete nun der offizielle Begrüßungs-Festabend mit Alphornbläsern, Einlagen einer jugendlichen Schuhplattler-Gruppe und Bayerischem Büffett. Stimmung und Laune waren bestens.
Am zweiten Wettfahrttag kam wider allen Erwartungen Wind aus westlicher Richtung, aber eben erneut nicht der typische Westwind. Von seiner Stärke am unteren Limit der Segelbarkeit und auf Grund seiner unregelmäßigen Süd-Nordschwankungen war er taktisch schwierig und unkalkulierbar.
Bei der 1. Wettfahrt überraschte eine Mannschaft des Veranstalters die Konkurrenten. Zink / Holzberger gewannen. Die weiteren Plätze belegten Kunze / Seebauer und Groß / Schay. Zu den SCAI-Seglern unter den ersten Zehn zählte noch Hubert Waibel / Bene Wiedemann (5). Für die Titelverteidiger Löther / Klawitter reichte es nur auf den 15. Rang.
Trotz des relativ schwachen und etwas problematischen Windes startete Seltmann eine weitere, die 2. Wettfahrt, was aus Zeitgründen und mit Blick auf die anhaltende Schönwetterlage auch geboten war.
Bei Wind der Stärke 1 bis gut 2 Bft mit ansonsten unverändertem Charakter segelten Witte / Mädicke vor Kunze (Segelclub Staffelsee) / Seebauer (Neunburger Yachtclub Eisendorf) und Groß / Schay über die Ziellinie. Auch in dieser Wettfahrt schafften es Löther / Klawitter nur auf Platz 10, obwohl sie als sichere Spezialisten für Leichtwind gelten. Vielleicht war dies doch bereits ein konkreter Beleg für die schiere Uneinschätzbarkeit des eigenartigen Windes an diesem Tag. Vom SCAI konnte Waibel / Wiedemann (5) und Zink / Holzberger (6) erneut Plätze unter den zehn Besten vereinnahmen und damit bereits einen gewichtigen Grundstein für ein gutes Endergebnis setzen. Dagegen war für die vierfachen Deutschen Meister und aktuellen Titelverteidiger Löther / Klawitter der Zug mehr oder weniger bereits abgefahren.
Auch anderen Spitzenseglern schien es nicht richtig zu laufen, beispielsweise Hans-Peter Schwarz / Roland Kirst (beide Herrschinger Segelclub, Ränge 6 und 13), Steingross / Kramer (Ränge 12 und 8).
Bevor es zum gemütlichen Teil ging, mußte allerdings das Schiedsgericht unter Leitung des ehemaligen FD-Seglers Kurt Hergenröther verschiedene Proteste verhandeln. Ansonsten gingen die Wettfahrten sehr friedlich und überhaupt fair über die Bühne.
Für Manchen, der das beim Wettkampf berühmte Quäntchen Glück heute nicht auf seiner Seite haben sollte, rastete das von Uli und Bene gemanagte Glücksrad glücklich ein. An jedem Abend vergab der Veranstalter auf diese Weise zahlreiche schöne Preise, welche Firmen gesponsert hatten. Wenn immer das Glücksrad ratterte, füllte sich in Sekundenschnelle wieder das Festzelt nach. Denn nur wer unmittelbar anwesend war, durfte den Gewinn entgegen nehmen.
Klassenboss Bernd Schreiber veranstaltete noch ein Segler-Hearing zu verschiedenen Themen. Es ging unter anderem auch um den neu zugelassenen Carbonmast, der übergangsweise ein Ausgleichsgewicht von 2 kg in Baumhöhe oder am Lümmelbeschlag erfordert. Als Staffelsee-Präsident Stanner verkündete, dass er ungern 2 kg Gewicht zwei Jahre lang an seinen Lümmel hängen wolle, war die perfekte Witzshow gestartet.
Am 3. Wettfahrttag kam mangels Wind leider keine Wettfahrt zu Stande. Alle hofften darauf, dass der Alpsee an diesem erneut sonnigen Tag seinem guten Namen als einer der windsichersten bayerischen Seen doch noch gerecht wird. Schließlich waren bisher nur zwei Wettfarten fixiert. Vier sind für eine Deutsche Meisterschaft mindestens erforderlich. Im Verlaufe des Nachmittages wurde mehr und mehr klar, dass seglerisch nichts mehr gehen wird. Jetzt ruhten alle Hoffnungen auf dem Reservetag Sonntag. Er wurde Gott sei Dank extra für diesen Fall eingeplant.
Der Reservetag Sonntag (4. Wettfahrttag), letzte mögliche Rettung für die Meisterschaft, wurde natürlich von allen Beteiligten mit großen Hoffnungen und auch Zuversicht auf Wind verbunden. Dies nicht zu unrecht, denn die Vorhersage verkündete den für ausgedehnte Hochdruckwetterlagen nicht untypischen schönen bis mäßigen Ostwind. Er meldete sich bereits am frühen Vormittag und das war das sichere Zeichen, dass der Reservetag die Meisterschaft sicher vor den Auswirkungen des Winddefizites der Vortage retten wird. Seltmann setzte die Auslaufbereitschaft pünktlich um und ließ sofort zu einem Ostwindkurs auslaufen. Zunächst baute sich der Wind zögerlich auf, was völlig normal war. Außerdem fiel er für die Seegeometrie noch zu südlich ein, so dass er in dieser Form noch nicht recht brauchbar war. Die Segler hätten mit keiner oder höchstens einer Wende die gesamte Startkreuz durchsegeln können.
Nach Startlinienverschiebungen und einem Fehlstart konnte es dann mit 3 bis 4 Bft starkem Ostwind zur 3. Wettfahrt richtig zur Sache gehen. Ostwind dieser Art bedeutet: stark böig, drehend, taktisch und segeltechnisch sehr anspruchsvoll und nicht zuletzt für die Zuschauer auf dem Clubgelände hoch interessant. Denn unmittelbar davor liegt die Luvmarke. Hier zeichnet sich bereits ab, wer wie gut im Rennen liegt. Die Norddeutschen Steingroß / Kramer rundeten nach der Startkreuz vor den zwei SCAI-Seglern Löther / Klawitter und Buhl / Netzer. Letzere Mannschaft kenterte leider auf Spinakerkurs kurz vor der nächsten Bahnmarke in einer Hammerböe und verlor die Chance auf einen vorderen Platz. Steingroß / Kramer behaupteten ihre Position bis ins Ziel. Löther / Klawitter wurden Dritte vor dem späteren Gesamtsieger Groß / Schay. Dazwischen schob sich in einer hervorragenden Fahrt die SCAI-Mannschaft Seltmann / Lang auf Platz zwei. Auch dem weiteren SCAI-Boot Zink / Holzberger gelang mit einem achten Platz noch eine Platzierung unter den ersten Zehn. Etwas verwunderlich war, dass die Windspezialisten Schwarz / Kirst, in der Vergangenheit mehrfach unter den Top-Platzierten auch bei Europa- und Weltmeisterschaften, offensichtlich mit diesem lebhaften und bockigen Ostwind nicht besonders zurecht kamen. Sie landeten auf Platz sechs.
Zur Vollendung der Meisterschaft war jetzt noch die 4. Wettfahrt zu segeln. An den vordersten Platzierungen änderte sich nicht viel: Steingroß / Kramer (1), Löther / Klawitter (3). Auf die zweite Position kämpften sich die in der späteren Gesamtwertung Drittplatzierten Kunze / Seebauer. Weitere Top Ten-Platzierungen für den SCAI: Zink / Holzberger ( 7). Es war schon erstaunlich, wie Steingross / Kramer diesen Wind beherrschten, ohne seine typischen und schwierigen Eigenschaften je vorher kennen gelernt zu haben.
Der Wind hätte locker eine weitere Wettfahrt ermöglicht, aber dafür war jetzt keine Zeit mehr. Ali Seltmann beendete, damit für den würdigen Abschluß der Internationalen Deutschen Flying Dutchman-Meisterschaft noch genügen Zeit verblieb. Die eigenen Platzierungen und ebenso die der Sieger kannte keiner. Mitrechnen war wegen der turbulenten Ergebnisse offensichtlich für keinen mehr möglich. Die Ergebnisliste wurde bewußt streng geheim gehalten. Spekulationen, bis hin zur Punktgleichheit der ersten Drei usw., gab es zur Genüge. Die Spannung war groß. Pfiffig und gekonnt moderierte SCAI-Vorsitzender Weigel zum Einläuten der Siegerehrung in letztes Mal das Glücksrad-Geschehen und erfreute die Auserkorenen mit abschließenden schönen Sponsor-Geschenken.

Nun ging es zum spannendsten Teil, der Meisterschaftsehrung und Preisverleihung. Natürlich wurde jeder in der Liste von hinten aufgerufen, um sich den Erinnerungspreis abzuholen. Eine der sonst üblichen Sache bekam jedoch keiner mit: Die Ergebnisliste. Damit konnte die Spannung weiter steigen, wie es kaum jemals bei einer Siegerehrung der Fall gewesen sein wird.
Irgendwann blieben drei Mannschaften übrig. Man hatte nun Gewissheit über ihre Namen. Dann Beifall für die drittplatzierte Mannschaft Kunze / Seebauer, Deutsche Meister bereits zu früherer Zeit. Den beiden ersten Mannschaften trieb es weiter den Schweiß auf die Stirn. Wie heißt der neue IDM? Nun Beifall, tosender Beifall für den Vizemeister Witte / Mädicke. Der Beifall galt allerdings zu einem Großteil bereits dem Siegerteam. Denn das war damit auch bekannt: Jürgen Groß und Philipp Schay aus Otterstadt. Zum ersten Male Deutscher Meister im geliebten Flying Dutchman und ausgerechnet am geliebten Großen Alpsee.
Die Segler des Veranstalters gingen zwar nicht unter den Siegern hervor, aber waren ohne Zweifel sehr erfolgreich. Das beste SCAI-Team, Zink / Holzberger belegte immerhin den fünften Platz, und dies mit relativ knappem Rückstand. Auf Platz sechs folgten die Titelverteidiger Löther / Klawitter, die mit zwei dritten Plätzen bei den letzten Wettfahrten Einiges wieder ins Lot richten konnten. Weitere Plätze der SCAI-Segler: Waibel / Wiedemann (8), Seltmann / Lang (10), Buhl / Netzer (21), Karl Riedesser / Werner Aichele (24), Hermann Seltmann / Stefan Burghold (26), Franz-Josef Schild (25) / (mit auswärtiger Steuermann Steiner), Philipp Buhl (29) / (mit auswärtigem Steuermann Schrem), Dr. Michael Schineis / Dr. Hannes Burghold (30) und Simon Hirscher / Philipp Kyewski ( 39).
Bestes Team unserer Nachbarländer war Hendryk Blaszke / Tomasz Kledzik aus Polen auf Rang 14. Der Präsident der internationalen Flying Dutchman-Klasse, Dr. Alberto Barenghi auf ITA-7 (Dervio / Italien) belegte mit Vorschoter Michael Carp den beachtlichen Rang 16.
Sein deutscher Kollege Bernd Schreiber / Carsten Jacob lag am Ende auf Platz 41. Aber er hatte nicht bei allen Wettfahrten eine Wertung zustande gebracht.
Das war’s nun am Alpsee. Natürlich gab’s noch zahllose Gratulationen für die besten Erfolge und auch der für die Zuschauer und Akteure beliebten Wasserwurf der Sieger – sogar ziemlich synchron – blieb nicht aus. Was trotz des anhaltend herrlichen Wetters, aber wegen des zunächst mageren Windes zunehmend trostlos ausgesehen hatte, fand noch ein seglerisch sehr anspruchsvolles, für das Publikum erlebnsireiches und unübertroffen spannendes Ende.

Der Veranstalter würde sich freuen, wenn auch die zum ersten Mal am Alpsse aufgetretenen Segler künftig zur berühmten Kuhschellen- und / oder Sieben Schwaben Regatta kommen. Dann gib es bestimmt auch den unter Seglern sehr beliebten berühmten Alpsee-Westwind.
Die drei Erstplatzierten Mannschaften der Int. Deutschen Meisterschaft 2004 der int. Flying Dutchman-Klasse: (v. li.) Auf Rang zwei Jörg Witte ( Tourensegler Grunau) / Stefan Mädicke ( Schweriner Segelclub), die Sieger und neuen IDM-Titelträger Jürgen Gross / Philipp Schay (beide Segelclub Otterstadt) und die Drittplatzierten Andreas Kunze (Segelclub Staffelsee) / Josef Seebauer (Neunburger Yachtclub-Eisendorf).